Seit inserer Tour 2009 hat sich einiges geändert, sowohl in der Beschaffenheit der Strecke als auch bei der zugehörigen Dokumentation. So gibt es inzwischen eine App in Französich/Englisch/Spanisch unter http://www.geocanalmidi.com und die Dokumentation im Internet wurde überarbeitet. Auch gibt es eine entsprechende Seite auf Facebook.
Es war eine schwere Geburt und eine anstrengende Reise, diese Fahrradtour an Teilen des Canal du Midi. (Wer genaueres über den Kanal erfahren will, dem sei der entsprechende Wikipediaeintrag empfohlen. Am Ende dieser Webseite finden sich dazu auch noch einige Ausführungen. ) Der gesamte Kanal führt von Toulouse nach Sète über 240,1; eine Fahrstrecke die uns bei den kryptischen Ausführungen in Radtourenbeschreibungen über den Streckenzustand doch etwas zu lang erschien. Wir haben uns deshalb auf die Teilstrecke Toulouse - Béziers, immerhin ursprünglich 208 km (es wurden dann 220 km), beschränkt. Randbedingungen waren ein sicheren Abstellplatz fürs Auto - am besten in einem Hotel auf dem Land (wir hatten in Südfrankreich schon einige schlechte Erlebnisse) und die Zugfahrt von oder nach Toulouse.
Bei der Planung fand ich zwar einige Routenbeschreibungen mit Tagesetappen, wirklich weitergeholfen hat jedoch nur der französische Führer der Association Velo von Toulouse „Á vélo, le long du canal du Midi“ für 7 € + 5€ Porto, zu bestellen unter folgender Internetadresse. Eine Reklame finanzierte Broschüre „L‘ Officiel du Canal du Midi“ wird vor Ort überall verteilt und ist über das Internet einsehbar.
Noch einige Anmerkungen zur Strecke: Von Toulouse ist die Strecke auf 49,5 km geteert und ein idealer Radweg mit aller Infrastruktur wie Toiletten, Rastplätzen und Hinweistafeln. An dem Beginn des Departements Aude wird die Strecke jedoch immer schlechter - normaler Feldweg, Feldweg mit Grasmittelstreifen, einspuriger Feldweg mit hohem Gras, oftmals „verfeinert“ durch starkes Wurzelwerk und spitze Steine. Bei Regen sind Teile dieser Strecke eigentlich unbefahrbar, bei gutem Wetter zu mindestens eine Zumutung. Brauchbar sind dann nur Abschnitte bei Castelnaudary, Carcassonne bis Trèbes und nach Béziers (dieses Stück wurde nicht selbst befahren); am schlimmsten war das Stück zwischen km 127,2 (Schleuse von Marseilette) und km 142,7 (Schleuse von Jouarres). Entsprechend langsam wird die Reisegeschwindigkeit. Die genannte Broschüre „L‘ Officiel du Canal du Midi“ enthält einen ausführlichen Plan mit dem Radweg, wobei jedoch nur zwischen „beschichtetem (revêtu)“ und „unbeschichtetem (non revêtu)“ Weg unterschieden und über die Qualität der „Beschichtung“ keine Aussage gemacht wird - auch angeblich „beschichtete“ Wege sind auf Grund ihrer Enge und des hohen Grasbestandes schwer befahrbar.
Noch einige Anmerkungen zur nachstehenden Beschreibung: den Tagestouren geht eine Kartenübersicht voraus. Beim Klicken auf diese Übersicht wird ein neues Fenster mit dem Routenverlauf in everytrail eröffnet (kann etwas dauern), der auch Höhen- und Geschwindigkeitsverlauf anzeigt und dann genauer betrachtet und gezoomt werden kann. Beim Batteriewechsels des GPS-Aufzeichengerätes traten leider „Schwankungen“ in den GPS-Daten auf. Wichtige Orte und Hotels besitzen einen Link zur entsprechenden Internetseite.
So ergab sich folgende Reiseroute:
24.05. Conilhac-Corbieres - Béziers

Ausgangspunkt war das Hotel-Restaurant Auberge Cote-Jardin in Conilhac-Corbieres. Von da ging es über an den Canal du Midi bei Argens-Minervois, zuerst über Felder und dann eng am Kanal entlang.Bei Pont de Pigasse (km 178,2) hinderte uns und andere Radler die junge Besitzerin des Relais de Pigasse den Schatten in dem riesigen offenen Park ihres sonst leeren Besitzes am Rand des Kanals zu nutzen, so dass wir alle etwas unbequemer im Schatten Hier verliessen wir auch den zusehends holprigeren Feldweg am Kanal und fuhren über die D11 nach Capestang und weiter
Richtung Oppidum d‘Ensérune. Auf diesem Stück versucht der Kanal mit vielen Windungen auf gleichem Niveau zu bleiben; wir sparten durch diesen Abkürzer einige Kilometer und schonten unser Rückrat. In Poilhes gelangten wir nach einer Steigung wieder an den Kanal, der uns auf passabler Strecke über den Hügel beim Tunnel Malpart - den weiteren Aufstieg zur Oppidum d‘Ensérune. Auf diesem Stück versucht der Kanal mit vielen Windungen auf gleichem Niveau zu bleiben; wir sparten durch diesen Abkürzer einige Kilometer und schonten unser Rückrat. In Poilhes gelangten wir nach einer Steigung wieder an den Kanal, der uns auf passabler Strecke über den Hügel beim Tunnel Malpart - den weiteren Aufstieg zur Oppidum d‘Ensérune schenkten wir uns - zu der berühmten Schleusentreppe mit 8 Kammern von Fonserannes - ein wirklich beeindruckendes Bauwerk - nach Béziers führte. Hier waren zur Innenstadt bis zum Hotel noch mal ca. 60 Höhenmeter zu bewältigen. Anschließend erholten wir uns unter den Platanen der Allee Paul Riquet beim Cremant, auf dem Thea die Radltasche mit Ersatzschlauch und Erste Hilfe Paket geklaut wurde.
Conilhac-Corbieres - Béziers 70,6 km Radlzeit 5h 4m Gesamt 8h27m ∅ 13,93 km/h
25.05 Toulouse - Castelnaudry

Heute stand nach einer 2 km Abfahrt vom Hotel zum Bahnhof in Beziers die lang und mühsam geplante Zu
greise von Béziers nach Toulouse an (siehe auch Buchung von innerfranzösischen Zügen). Mühsam mussten die Räder in den Zug gehoben werden, im Radabteil sind die Räder an den Vorderrädern aufzuhängen und somit war das Gepäck erst einmal zu entfernen. Die in Burgund gewohnte Hilfestellung des Bahnpersonals war leider auch nicht gegeben, obwohl drei Beamte unser Bemühen beobachteten. Der Zug selbst war überfüllt und wir mussten unsere reservierten Plätze erst mühsam erkämpfen. Beim Blick aus dem Fenster dann die nächste Überraschung: Tief bogen sich Bäume und Sträucher in der Fahrtrichtung des Zuges - dies bedeutete, dass auch heute das alte Radlermotto galt: „Radfahrer haben immer Gegenwind“.
Der Canal du Midi fließt direkt neben dem Bahnhofsvorplatz in Toulouse , also keine lange Suche. In Fahrtrichtung Castelnaudary sollte gleich das rechte Ufer benutzt werden. Nach dem Einkauf des Picknicks, wobei vor lauter Eile der Wein vergessen wurde, ging es bei heftigem Gegenwind über ca. 46 km asphaltierten Radweg überraschend gut; die Platanen - teilweise zweireihig - und Büsche schirmten einen Großteil des heftigen Windes ab. Im Departement Aude (Kanalkilometer 49,5, Pont de Maraval) endet leider abrupt der geteerte Radweg um auf zuerst akzeptablen, dann immer schlechter werdenden, aber noch befahrbaren Wegen weiterzuführen. Leider fuhren wir am letzten Rastplatz vorbei, so dass das Mittagspicknick auf der Wiese am Wegrand stattfand. Anschliessend war bei Kanalkilometer 51,6 bei der Schleuse von l‘ Ocean die Kanalseite zu wechseln. Ab hier gilt das Hauptaugenmerk den Wurzeln und Steinen, erst vor Castelnaudary wird der Weg für einige Kilometer besser. Unser Hotel Le Clos fleuri lag im Gewerbegebiet am Ortsende, aber trotzdem ruhig mit einem schönen Garten. Zum Abendessen gab es dann das bekannte Cassoulet, ein Eintopf mit weisen Bohnen, Wurst und Entenschenkel - nicht gerade kalorienarm aber sehr schmackhaft. (Am vorigen Abend hatten wir die „überarbeitete“, modernisierte Fassung gegessen: passierter Bohnenbrei garniert mit Entenwurst - schmackhaft, übersichtlicher und kalorienärmer.)
Toulouse - Castelnaudary 65,5 (+2)km Radlzeit 4h34m Gesamt 5h37m ∅ 14km/h
26.05 Castelnaudary - Carcassonne

Der Wind hat gewechselt, ist aber genauso heftig, dafür ist es in der Frühe mit ca. 13° ziemlich kühl. Der Einstieg vom Hotel zum Kanal ist nach dem langwierigen Picknickeinkauf im Casino (gegenüber dem Hotel) eicht zu finden; die ersten Kilometer sind akzeptabel. Vor einem leichten Regen-schauer schützt uns das dichte Blätterwerk der den Kanal begleitenden Bäume. Anschliessend wird die Strecke zusehends schlechter und bei Kanal km 85,9, Schleuse von Beteille, verlassen wir die Holperstrecke zur Schonung unserer Rücken und fahren auf der D33 bis ?, wobei das Spitzentrio im Geschwindigkeitsrausch von 30 km/h den seitlich gelegenen Rastplatz über-sieht. Bei der Schleuse von Villesèque - nach ca. 13 schnellen km - fädeln wir wieder am Kanal ein, um auf besser werdender Strecke in Carcasonne anzukommen. Das mit geführte PDA zur Hotelsuche beweist zum wiederholten Male, dass er fürs Radfahren völlig ungeeignet ist: angeblich fahren wir auf der anderen Kanalseite und bei jeder Lenkbewegung über 45° wird die Route neu berechnet.

Unser Hotel „Les trois couronnes“ legt direkt am Aude mit herrlichem Blick auf die Festung von Carcassone. Nach Duschen und Umziehen steht die Besichtigung der Festung an, leider bei Kälte und leichtem Niesel-regen. Die Festung ist schon beeindruckend, insbeson-dere auch die herausragenden Kirchenfenster der Basilika St. Nazaire. Gott sei Dank wurde diese verfallende Festung in der Romantik des 19. Jahr-hunderts vor dem endgültigen Zerfall und der Schleifung gerettet.
Beim Abendessen im Hotel zeigt sich, dass französische Küche nicht immer Spitze ist: der Käseteller kommt anscheinend aus dem Kühlschrank und die drei Portio-nen sind steinhart.
Castelnaudary - Carcassonne 39,9 km Radlzeit 3 h Gesamt 5h 7m ∅ 13,27 km/h
27.05. Carcassone - Conilhac - Corbieres

Heute steht bei kühlem Wetter und starkem Rückenwind (Tramontane) mit doch etwas müden Muskeln starten wir zur letzten Etappe - geplanten 55 km bei Fahrt am Kanal bis zum Einstiegspunkt. Das erste Stück von Carcassone ist in gutem Zustand und erlaubt entsprechende Geschwindigkeit. In Trèbes herrscht ein Verkehr wie in einer Großstadt. Während des Picknick eingekauft wird, startet vor uns eine Schülergruppe, auch der Radlergegenverkehr ist heute stärker. Auf dem darauflegenden, noch ansprechenden Wegstück gelingt es uns die Jugendgruppe zu überholen. Doch leider wird der „Radweg“ anschliessend zur Zumutung: ein schmaler ausgefahrener, teilweise steiniger Streifen mit Wurzeln, links und rechts kniehohes Gras. Bei entgegenkommenden Radlern muss einer am Wegrand anhalten. An der Schleuse von Puicheric (Kanalkilometer 136,4 mit kleiner Bewirtung) machen wir Picknick und beschliessen den Weg zum Auto abzukürzen.

Wir akzeptieren dabei auch die dazwischen liegenden Hügel zu - der Tramontane wird uns schon über die Berge helfen. Ein letzter Blick auf den Kanal: landschaftlich reizvoll, von der Ingenieurleistung beeindruckend, herrlicher Baumbestand dessen teilweise den ganzen Kanal überspannenden Blätter und Blumen m Rand für manche schlechte Wegstrecke doch entschädigen. 1,5 km zurück nach Puicheric und dann über Roquecourbe-Minervois und den ersten Berg mit herrlichen Ausblick nach Montbrun-des-Corbières und einem weiten Berg in rasanter Abfahrt nach Conilhac-Corbieres. Geschafft, ca. 13 km gespart und genug Zeit nach Roquemaure zum Einkauf der Cotes des Rhone zu starten.
Carcassone nach Conilhac-Corbieres 42,5km 3h40m Gesamtzeit 4h 20 m ∅
Noch einige Anmerkungen zum Canal du Midi:
Der Kanal ist eine technische Meisterleistung auf der Basis des Willens, Könnens und finanziellen Leistung eines Einzelnen, dem Kanalerbauer Pierre-Paul Riquet. Interessante technische Details: elliptische Schleusenbecken zur besseren Kraftverteilung, Mehrfach-schleusen (bis zu 8) zur Überwindung grösserer Höhen, einheitliche Brük-kenstruktur und Schleusenwärterhäus-er um Baukosten und -zeit zu sparen, Anlage von teilweise zweireihigen Begleitalleen zur Wind- und Sonnenabweisung. Nicht zu vergessen, das beeindruckende Naturerlebnis: Schöne Fotos über den Kanal finden sich zum Beispiel auf der Webseite über die Kanäle des Südens.


Hinweise zur An- und Heimreise
Unsere Radtouren dienen nicht nur dem Erkunden von Land und Leuten, sondern auch dem Kennenlernen der französischen Küche - deren Vorsprung leider immer geringer wird und unverzeihbare Ausreisser besitzt - diesmal etwa der Käseteller in Carcassone - und zum Weinkauf. Die Stecke von München nach Südfrankreich ist auch nicht die kürzeste und wird auf Grund der hohen Verkehrsaufkommens und der damit verbundenen Staugefahr immer länger. Also führen wir diesmal in zwei Etappen von München über Bregenz (Stau), Basel (Stau), Mühlhausen bis Santenay in Burgund (Übernachtung im L'Ouillette, Weinbestellung bei unserem Stammwinzer Lamy-Pillot) Anschliessend Weiterfahrt nach Conilhac-Corbieres zum Start der Radtour.
Auf Grund der Rückkehr am frühen Nachmittag beim Ausgangspunkt der Radtour sofortiger Start nach Roquemaure (Übernachtung im Hotel Clément V. , Weinkauf beim Weingut Domaine de la Croze - der Sohn der Besitzerin war zufällig im Weinkeller, Abendessen im neueröffneten italienischen Restaurant im 4 km entfernten Sauveterre). Der dort getrunkene Wein veranlasste einen weiteren Weinkauf bei der Domain des Bouzons). Am nächsten Morgen bei starken Mistral Fahrt nach Burgund (Mittagessen - mit hervorragendem Preis-/Leistungsverhältnis, Übernachtung in Lervernois bei Beaune im Hotel le Parc - empfehleswert, ruhig und preiswert - und Abendessen im La Garaudière - auch sehr empfehlenswert). Am nächsten Morgen Einladen des Burgunders bei Lamy-Pillot und Kauf des Petersilieschinken in Chagny bei der Charcuterie Gaudillierre (Goldmedaille 2006), Rückfahrt über Bregenz und Wangen (Stau) ins „kalte“ München.